Montag, 23. November 2015

Die Angst vieler Physiker vor der Raumenergie, ein Nachtrag

Die Angst vieler Physiker vor der Raumenergie, ein Nachtrag

Claus W. Turtur

Nachdem ich den Teil »Die Angst vieler Physiker vor der Raumenergie, eine wissenschafts-soziologische Betrachtung« geschrieben hatte, bekam ich von einigen Menschen per E-Mail Rück­mel­dung­en, die diesen Text gelesen und versucht hatten, über dieses Thema mit Physikern zu sprechen.
Interessanterweise bekam ich nicht dominant Ablehnung zu hören, sondern es fühlten sich einige Menschen ermutigt, die ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht hatten, meinen Artikel zu bestätigen.

Mit Rücksicht auf die Absender will ich die Texte einiger eingehender E-Mails in verkürzter und anonymisierter Form reflektieren, z.B. wie folgt:
»Ich bin selber Physiker, habe jahrzehntelang . . . . an der Universität (gearbeitet).
Eigentlich war meine Motivation zum Physikstudium mein Wille zur Erkenntnis. Ein wesentlicher Punkt dieser Erkenntnis war die frustrierte Einsicht, dass die etablierten Größen wenig Interesse an echter Erneuerung zeigen. Mehr noch, als Forscher und Wissenschaftler hat man nur eine Chance, finanziell zu überleben, wenn man in den richtigen Wissen­schafts­lobbys verkehrt und den Modemainstream mitmacht. Es geht nicht um Wissenschaft, sondern um Macht- und Stellenpoker, um Etablierungssucht und Forschungsgeldgerangele.
Raumquantenenergie finde ich das spannendste Thema, das es in der Physik zurzeit gibt. Es müsste, ob seiner Dringlichkeit und Brisanz … die Nummer Eins in den Medien sein. Ich bin 1.000 Prozent überzeugt: Das ist unsere Zukunft!
Ich hoffe und wünsche Ihnen, dass Sie Glück haben werden und Ihre Arbeit fortsetzen können, zum Wohle aller Menschen, der Natur, des ganzen Planeten. Ich drücke Ihnen die Daumen.«
Auch kürzere E-Mails gingen ein, wie etwa in der Art:
»Ich bin ja selbst Physiker und halte die kleinen Versuche wie beschrieben zumindest für nicht vollends abwegig. Ich werde meine ehemaligen Kollegen bitten, die zugrundeliegenden Theorien zu prüfen.«
Die meisten dieser eingehenden E-Mails nahm ich interessiert oder dankend zur Kenntnis, ein Beispiel jedoch existiert, bei dem ein Wissenschaftshistoriker einen meiner Freunde angeschriebenhat, der das Schreiben wiederum (mit Erlaubnis des Historikers) an mich weitergeleitet hat. Dieses Beispiel hat mich zu einer Reaktion veranlasst, die ich nach der Wiedergabe des Beispiels aufzeigen werde.
»Als Wissenschaftshistoriker wundert es mich nicht, dass Herr Prof. Turtur auf diverse Schwierigkeiten stößt, seine Ideen auch nur zu publizieren. Das war bei grundsätzlich neuen Ideen schon immer so. Heutzutage gibt es eine enorme Anzahl unterschiedlicher, sich teils auch widersprechender theoretischer Konzepte, ob in der Kernphysik oder in der Kosmologie. … Ich denke: Wissenschaft sollte frei sein und deshalb müsste man allen Denkansätzen, die halbwegs vernünftig fundamentiert sind, zumindest eine entsprechende Öffentlichkeit (auch jenseits des Internets) verschaffen. Dass namhafte Fachjournale diesem Prinzip oft nicht folgen, finde ich bedauerlich und auch bedenklich.«

Meine Reaktion: Eine neue Bettlektüre
Meine Reaktion begann eigentlich mit der Reaktion meiner Ehefrau, namentlich indem sie mir ein Buch zur Physikgeschichte kaufte und schenkte, nämlich Die wichtigsten Natur­wissen­schaftler im Porträt[0] von Fritz Krafft. Ich nahm es zur Bettlektüre und las es mit den Augen eines Wissenschaftlers, der die Erläuterung des Historikers am eigenen Leibe erfahren hatte. Die wissenschaftlichen Leistungen der großen Vorfahren nahm ich mit gelassenem Interesse zur Kenntnis, aber wirklich bewegt haben mich die persönlichen Schicksale dieser Menschen, der Vordenker der Jahrhunderte.

Das Buch beginnt mit Schicksalen antiker Naturphilosophen
Wir beginnen (auf S. 21 des genannten Buches) mit Leukippos und seinem Schüler Demokrit, die lehrten, dass Materie keine homogene Substanz ist, sondern aus diskreten kleinsten Einheiten besteht, den so genannten Atomen. »Atome« – welch ein Unsinn. Das konnten die berühmten Größen wie Platon und Aristoteles natürlich nur ablehnen. So kommt Kollege Krafft in seinem Buchzu der Aussage, dass von der Epikureischen Form der Atomistik nicht viel überliefert ist, letztlich deshalb, weil diese »Atomtheorie« keine wesentliche Zustimmung fand.

Aber auch der große Aristoteles, der eine gewaltige Bedeutung gewonnen hatte, sodass er bekanntlich über weit mehr als ein ganzes Jahrtausend hinweg, also über ganze Kulturepochen, den wissenschaftlichen Grundtenor des Mainstreams geprägt hatte, wurde nicht rundheraus akzeptiert, wie wir auf Seite 25ff. lesen:
»Aristoteles hatte sich . . . so weit von den Lehren Platons entfernt, dass dieser, um den Bestand seiner Schule und Lehrer bedacht, nicht ihm, dem begabtesten seiner Schüler, die erhoffte Nachfolge in der Leitung der Akademie übertrug. Nun gut, Aristoteles wurde schließlich der persönliche Erzieher des Prinzen Alexander von Makedonien, der dann später als Alexander der Große eines der großflächigsten Weltreiche beherrschte, das die Menschheitsgeschichte je gesehen hatte. Das Ende vom Lied gipfelt dann in der Tatsache, dass Aristoteles nach dem Tod von Alexander (323 v. Chr.) keinen Beschützer mehr hatte und angefeindet werden konnte. Man strengte einen Prozess gegen ihn an wegen angeblicher Gotteslästerung, dem er sich nur durch Flucht auf das Landgut seiner Mutter entziehen konnte. Seine Flucht begründete er damit, dass er nicht das gleiche Schicksal erleiden wolle wie sein berühmter älterer Kollege Sokrates, der auch heute noch wegen seiner herausragenden Bedeutung in der Philosophiegeschichte bekannt ist. Sokrates war nämlich wegen ›verderblichen Einflusses auf die Jugend und Missachtung der Götter‹ zum Tode verurteilt worden, und hatte aus Respekt auf eine Flucht verzichtet und den Tod durch Vergiften akzeptiert.« [1]

->         Atome als Unsinn verworfen, Sokrates rechtskräftig zum Tode verurteilt und hingerichtet, Aristoteles geflüchtet – war das eine komische Zeit in der Antike . . .Im Laufe der Jahrhunderte wird natürlich alles besser – oder wie geht’s weiter? Wird wirklich etwas besser? Wir beantworten diese Frage nachfolgend.

Auf Seite 46 erzählt Krafft von einem arabischen Medizin-Wissenschaftler namens Abu l-Walid Muhammad Ibn Ahmad Ibn Muhammad Ibn Ruschd, der später unter dem deutlich kürzeren Namen »Averroës« bekannt wurde. Er lebte und wirkte im 12. Jahrhundert im arabischen Teil der iberischen Halbinsel und in Nordafrika. Er stieg auf bis zum Leibarzt des Kalifen in Marrakesch. Als Philosoph fiel er in Ungnade, wurde an einen kleinen Ort in der Region von Córdoba verbannt und mehrfach angeklagt. Schließlich wurde vorübergehend das (später wieder aufgehobene) Urteil gefällt, dass einTeil seiner Bücher zu verbrennen sei. Aber auch später trugen christliche Philosophen, die seiner Theorie ablehnend gegenüber standen, heiße Kämpfe aus, darunter Albertus Magnus und Thomas von Aquin. Zu den Spätfolgen dieser Streitereien zählt auch die wesentlich später vollzogene Trennung von Theologie, Philosophie und Naturwissenschaft. Für mich deutet eine derartige Trennung immer auf eine massive Distanzierung hin – man minimiert den Dialog.

Zur Gestalt der Erde
Nicole d’Oresme denkt im 14. Jahrhundert über die Bewegung der Erde nach (die er allerdings ver­neint) und über die Gestalt der Erde, die er als einer Kugelgestalt sehr nahe ansieht, jedoch Ab­weichungen von der Kugelgestalt vermisst, die wir noch heute in dieser Form akzeptieren [2]. Wir sagen heute, dass die Erde von Pol zu Pol einen etwas kleineren Durchmesser hat als über den Äquator gemessen. Es ist auch bekannt, dass die katholische Kirche zu diesem Thema Stellung nahm, und hiermit landen wir auf Seite 52 bei Krafft, wo er schreibt: »Weil ihre Inhalte christlichen Glaubenssätzen widersprachen, war erstmals 1210 auf der Pariser Synode das öffentliche und private Lesen aller naturphilosophischen Schriften des Aristoteles und der Kommentare unter Androhung der Exkommunikation verboten worden. 1215 hatte die Pariser Universität dieses Verbot in ihre Statuten aufgenommen; 1245 war es von Papst Innozenz IV. namentlich auf die 1229 gegründete Universität Toulouse ausgedehnt worden, die gerade mit Aristoteles-Unterricht um die Studierenden geworben hatte; 1231 hat aber bereits Papst Gregor IX. eine Kommission einberufen, um die dem Universitätsunterricht zugrunde gelegten aristotelischen Schriften im christlichen Sinne zu revidieren.« Irgendwann kam dann sogar eine These von der »doppelten Wahrheit« auf. Auch lesen wir auf Seite 53 unter anderem die Worte: »Diese Form, Widersprüche zwischen Vernunft (Wissen) und Glauben durch Verbot zu lösen, war natürlich unbefriedigend . . . .«

Ist das Mittelalter wirklich humaner als die Antike? Ich weiß es nicht, wenn ich an die vielen Menschen denke, die im Mittelalter bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Viel mehr möchte ich die Frage stellen, ob es überhaupt je tolerante und humane Zeitalter gab oder geben wird?

Nikolaus Kopernikus und andere
Kopernikus, der unser Weltbild völlig revolutionierte, und zu dem Gedanken führte, die Erde bewege sich um die Sonne, hat diesen Gedanken offiziell nie in der genannten Form ausge­sprochen. Er wollte nicht unser Weltbild revolutionieren, sondern nur restaurieren, indem er sich auf die uralteAstronomie aus der Zeit vor Ptolemaios besann. Um sich mit seinen Erkenntnissen nicht selbst persönlich in Gefahr zu bringen, ließ er sein Hauptwerk, das ein heliozentrisches Weltbild einführt (also mit der Sonne im Zentrum der Bewegung der Planeten und der Erde) erst nach seinem Tode publizieren. Er hat die Publikation einfach (siehe Krafft, Seite 63) so lange zurückgehalten, dass er »dessen endgültiges Erscheinen nicht mehr erlebte«. Auf jeden Fall war er so sicher, dass ihm ein natürlicher Tod vergönnt blieb.

Schon oft betrachteten die etablierten Wissenschaftler des Mainstreams ihr eigenes persönliches individuelles Weltbild als abgeschlossen und postulierten daraus, das gesamte Wissen der Menschheit sei abgeschlossen und könne nicht mehr erweitert werden, da es vollständig sei. Max Planck hatte man mit dieser Begründung vom Physikstudium abgeraten – zum Glück ignorierte er diesen Rat. Auch heute hört man oft von mächtigen etablierten Kollegen dieses Argument der Abgeschlossenheit der Wissenschaften.

Aber bereits im Mittelalter gab es ähnliche menschliche Einstellungen. Als Beispiel hierfür berichtet Krafft von Leonhard Fuchs, der aus religiösen Gründen ein Vorlesungsverbot erdulden musste, dann aber an die Universität in Tübingen wechseln konnte und dann diese Uni zu großem Ruhm führte. Krafft bezeichnet Fuchs (auf S. 65) als einen der drei »Väter der Botanik«. Er hat sich als Medizinprofessor und Arzt intensiv mit Heilpflanzen befasst. Manchmal tun sich eben ganze neue Fachbereiche auf, nachdem zuvor eine neue Wissen­schaft als »vollständig« angesehen worden war.

Galileo Galilei und Johannes Kepler
Vielfach genannt und weithin bekannt ist das Beispiel des Galileo Galilei, der natürlich auch in der Aufzählung von Krafft nicht fehlen darf (S. 77, 78). Er setzte sich für das heliozentrische Weltbild des Nikolaus Kopernikus ein und behauptete somit, die Erde stehe nicht im Mittelpunkt der Welt, sondern sie kreise um unsere Sonne. Anfangs war er dafür hoch geehrt worden, wurde zum Hofmathematiker und auf eigenen Wunsch hin auch zum Hofphilosophen in Florenz ernannt, erfuhr auch in Rom hohe Ehrungen, die ihn motivierten, sich noch deutlicher für die Verbreitung der Erkenntnisse des Kopernikus einzusetzen – und… Es kam, wie es kommen musste. Er störte mit seinem neuen Weltbild die Mächtigen und wurde vor die Inquisition nach Rom vorgeladen. Es folgt ein langes Hin und Her, mit Inhaftierung und Folter. Obwohl er (Seite 79) in der Haft seinem »Irrtumvon der Drehung der Erde um die Sonne abgeschworen hat«, blieb er lebenslang weggesperrt – und damit länger als heutzutage ein Mörder.

Fast für selbstverständlich müssen wir es inzwischen halten, dass seine Fachkollegen sich weigerten, seine experimentellen Beweise auch wenigstens nur zur Kenntnis zu nehmen. Galilei hatte mit dem kurz zuvor von Jan Lipperhey erfundenen Fernrohr ein neues Messgerät in die Hände bekommen, und somit die Möglichkeit zu neuartigen Messungen, deren Ergebnisse die bisherigen Erkenntnisse überstiegen. Damit sah er Landschaften auf dem Mond und außerdem einige Monde des Jupiters, wie sie um ihren Planeten kreisten. All das war eine Bestätigung des kopernikanischen Weltbildes und er lud seine Kollegen ein, durch sein Fernrohr hindurch zu schauen. Man weigerte sich. Klarer Fall: Bevor wir unser Weltbild umkrempeln müssen, verschließen wir lieber die Augen – was zählt schon die Suche nach der Wahrheit. Isaac Newton würde übrigens später hoch geehrt für seine Lehre, die auf dem heliozentrischen Weltbild beruht.

Auch Johannes Kepler bekam von seinem Universitätslehrer Michael Mästlin das heliozentrische Weltbild gezeigt, allerdings vertrat Mästlin diese Sichtweise nie in der Öffentlichkeit. Kepler kam zu Ansehen, erhielt einen Ruf nach Graz, hatte aber im weiteren Verlauf seines Lebens immer wieder wechselnde Arbeitsplätze als Gelehrter, musste auch manchmal seine Arbeitsplätze fluchtartig verlassen, sich neue Stellen suchen und konnte nicht an einem Ort auf Dauer bleiben. Wir lesen auf den Seiten 81-88 verschiedene Fakten über Kepler, unter anderem auch die Tatsache, dass seine Dienstherren ihm nicht regelmäßig den versprochenen Lohn bezahlten. Auch ein aus finanzieller Not begründeter Wechsel des Dienstherrn, in der Hoffnung auf eine regelmäßige Lohnzahlung, führte nicht zu dem gewünschten Erfolg. Auch Wallenstein und sogar ein Kaiser hatten wegen der hohen Kriegs­kosten Kepler seinen Lohn nicht gegeben. Das Ende seines Lebens erfuhr Kepler auf einer Reise nach Regensburg, die er unternahm, um beim Kaiser persönlich das rückständige Gehalt einzufordern, aber Kepler starb an den Strapazen der Reise.

Was lernen wir daraus? Dass es jedem Erfinder und jedem Wissenschaftler unbedingt anzuraten ist, sich vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses rechtsverbindlich abzusichern, dass ihm sein Lohn nicht später verwehrt werden kann. Kepler ist bei weitem nicht der einzige Wissenschaftler und/oderErfinder, der um den Lohn seiner Arbeit geprellt wurde. Was in dieser nicht unbekannten Not abhilft, ist eine klare Absicherung vor Arbeitsantritt. Jede Bank sichert sich ab, wenn sie einem Häuslebauer einen Kredit gibt, und diese Absicherungsmechanismen und -möglichkeiten sind allgemeingültiges Recht und nicht nur auf Banken beschränkt.

Große Namen, harte Schicksale
Wandel der Situation im Laufe der Zeiten:
Die Zahl der Wissenschaftler, die sich gegenseitig das Leben schwer machen, steigt mehr und mehr. So sprach anno 1789 (laut Seite 121) Immanuel Kant in einer Publikation (!) wegen der fehlenden Mathematisierung der Chemie den Rang einer Wissenschaft ab. Trotzdem wurde 1792 sein Schüler Jeremias Richter mit einer Arbeit der Chemie (im Gebiet der Stöchiometrie) promoviert.
Ein kleiner aber hochinteressanter Nebensatz auf Seite 146 zeigt uns, dass die Energieer­haltung erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode kam. Es ist dies ein kurzer Nebensatz in den Zeilen 9 und 10, aber wir werden im weiteren Verlauf des Artikels erstaunt erleben, dass die Energieerhaltung bei ihrer Einführung zunächst gar nicht so leicht akzeptiert wurde. Wenn man bedenkt, wie mühsam die unvollständige Anwendung der Energieer­haltung heute die Raumenergie-Forschung macht . . .  Da ist es sehr sehr schwierig, eine neue Energie­form in den Energiesatz aufzunehmen, obwohl der Energiesatz doch für Energie­formen gilt!

Von John Dalton wird (auf S. 151) berichtet, dass er nur sehr einfache und kostengünstige Aufbauten benutzte und dafür kritisiert wurde – eine Erfahrung, die ich aus Kostengründen auch heute noch nachvollziehen musste. Wenn man bedenkt, dass die erste Computer-Maus nur ein ganz primitives Holzgebilde war . . . . Schließlich wurde Daltons Atomtheorie aber doch akzeptiert, weil einer der ganz Großen seiner Zunft, Professor Berzelius persönlich, ihn unterstützte, da dieAtomtheorie zu dessen Bindungstheorie passte. Wenn man bedenkt, wie mühsam es war, bis die Menschen die Sichtweise akzeptieren konnten, dass bei chemischen Reaktionen Atome im Spiel sind – Atome.

Auf interessante Art und Weise hat der Baron de Cuvier seine wissenschaftlichen Ansichten durchsetzen können, nämlich auf politischem Wege (Seite 157). Die als »Akademie-Streit« bekannte Kontroverse verließ er anno 1830 als Sieger, was dazu führte, dass alle Betrachtungen einer Evolutionstheorie der Lebewesen in Frankreich verhindert wurden, bis schließlich Charles Darwin die Situation grundlegend veränderte. Also: Auf politischem Wege wurde entschieden, dass eine Evolutionstheorie falsch zu sein habe.

Ein häufig zitiertes Beispiel ist Thomas Young, der Entdecker der Lichtwellen, der nicht nur die Wellennatur des Lichts nachgewiesen hat, sondern auch dessen Wellenlänge (als Funktion der Farbe) messen konnte (Seite 158 ff.). Er war schon in jungen Jahren ein Wunderkind und lernte extrem vielseitig. Unter anderem studierte er Medizin und arbeitete zeitweise als Arzt, wurde aber im Alter von 28 Jahren bereits Professor für Naturphilosophie (die heutzutage »Physik« genannt wird). In England wurden seine wegweisenden Arbeiten zur Wellennatur des Lichts nicht anerkannt, und auch auf dem Kontinent war man sehr zurück­haltend, bis ihm schließlich aus Frankreich Unterstützung zukam. So hat er sich dann auch mit Archäologie befasst und wurde schließlich durch seinen Beitrag zur Entzifferung von Hieroglyphen weltweit berühmt.

Was lernen wir daraus? Man muss sich vor der irrigen Annahme hüten, dass die Fachwelt neue Erkenntnisse offen aufnimmt, nur weil sie experimentell bewiesen und sinnvoll sind.

Wilhelm Ritter (Seite 161 ff.) schuf die zentrale wissenschaftliche Basis für die Begründung der Elektrochemie und war einer der ersten Erbauer von Batterien nach dem Vorbild des Herrn Volta. Seine Entdeckungen wurden allerdings von Physikern wenig beachtet (Seite 162), weil sie neben der empirischen Basis auch Spekulationen enthielten. Alleine Hans Christian Ørsted erkannte dieBedeutung von Ritters Arbeiten und trug wesentlich dazu bei, dass diese nicht in Vergessenheit gerieten.

Macht man sich bewusst, dass theoretische Erkenntnisse in ihrer Begründung immer zunächst spekulativ beginnen und dass die empirischen Erfahrungen, die man als Tatsachen in der Natur nachweisen kann, das Fundament alles Wissens bilden, dann wundert man sich schon sehr, dass Ritter trotz seiner empirischen Grundlage derartige Probleme bekommen konnte. Macht man sich hingegen das menschliche Verhalten seiner Kollegen bewusst, dann verschwindet meine Verwunderung sehr schnell.

Michael Faraday (nach dem heute die Einheit der Kapazität von Kondensatoren benannt ist) war ein Buchbinderlehrling und lernte aus den Büchern, die er zum Binden bekam (Seite 174 ff.). Da ihn die Wissenschaft faszinierte, bat er um eine bescheidene Anstellung bei der Royal Society, aber seine Anfrage wurde noch nicht einmal beantwortet. Schließlich gelang es ihm, bei öffent­lichen Vorträgen Humphry Davy kennen zu lernen und ihn zu überreden, als Laborassistent bei ihm eingestellt zu werden. Damit begann seine wissenschaftliche Karriere, die ihn zu gewaltigen Höhenflügen führen sollte.

Was lernen wir daraus? Es kann passieren, dass die etablierten Großen jemanden ignorieren oder ihn nicht wahrnehmen, auch ohne dass er der gängigen Lehrmeinung widerspricht.

Justus von Liebig, der berühmte Chemiker (Seite 186) versuchte mithilfe einer Zeitschrift seine Theorie der organischen Verbindungen durchzusetzen. Weiterhin wird berichtet, dass Liebig öfters die Rolle eines Schiedsrichters übernahm (heutzutage nennt man dies das »Peer-Review-Verfahren zur Begutachtung von Manuskripten«), und in dieser Funktion nicht immer richtig entschied.

Was lernen wir daraus? Die Macht der Medien kann von einzelnen Wissenschaftlern missbraucht werden, sobald diese es schaffen, sich in die richtige Stellung zu versetzen.

Charles Darwin und neuzeitliche Wissenschaftler
Besonders polarisiert hat die wissenschaftliche Gemeinde die Evolutionstheorie von Charles Darwin (Seite 194). Von seinen Freunden wurde er hoch geehrt, von seinen Gegnern massiv angefeindet – allerdings hatte er das Glück, dass im Laufe der Jahre immer mehr Wissenschaftler sich auf seineSeite stellten, so dass ihm hohe Ehrungen zuteil wurden. Es ist gut vorstellbar, dass man heutzutage vermutlich eher angefeindet werden würde, wenn man seine Aussagen infrage stellen würde.

Robert Wilhelm Bunsen (Seite 198), der auch den nach ihm benannten Gasbrenner (den Bunsenbrenner) erfand, gelang auch die elektrolytische Abscheidung größerer Mengen von Metallen. Diese »Batterie« wurde jedoch von Johann Christian Poggendorf massiv kritisiert, und weil Poggendorf der mächtige Herausgeber der Annalen der Physik und Chemie war, konnte sich das Thema der Elektrolyse in Deutschland nicht in gleicher Weise durchsetzen wie in den anderen europäischen Ländern.

Die Physikergemeinde akzeptiert zunächst nicht die Energieerhaltung
Manche Leser und Leserinnen werden sich vielleicht erinnern, in welcher Weise die Fehlinterpretation der Energieerhaltung die Entwicklung der Raumenergie-Forschung in unserer Zeit behindert. Wer die Raumenergie nicht in den Energiesatz mit aufnimmt, kann sie nicht erkennen und nicht erforschen. Fast grotesk mutet es auf diesem Hintergrund an, dass die Einführung der Energieerhaltung anno 1840/41 durch einen Arzt namens Robert Mayer (Seite 199 ff.) auf große Schwierigkeiten stieß. Mayer sandte sein Manuskript mit der Erklärung der Energieerhaltung zur Zeitschrift Annalen der Physik, doch jener großmächtige Johann Christian Poggendorf (Herausgeber dieser Zeitung) antwortete noch nicht einmal auf die Einsendung des Manuskripts, was für Mayer die Notwendigkeit schuf, seine Idee anderswo weiterzuverfolgen.

Witzigerweise geht es mir, als dem Autor des vorliegenden Artikels, heute fast genauso wie damals Robert Mayer. Ich habe einen Artikel zu den Annalen der Physik geschickt in der Hoffnung, die Raumenergie in den Energiesatz mit aufnehmen zu können, und man wies mich auf noch offene Fragen hin. Ich habe diese seinerzeit noch offenen Fragen als Forschungsgast an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg lösen und beantworten können, habe den nach Wunsch des Gutachters ergänzten Artikel erneut hingeschickt und dann keine Antwort mehr bekommen.

Robert Mayer ist es gelungen, seine Arbeiten anno 1842 in den Annalen der Chemie und Pharmazie zu publizieren. Mir ist es gelungen, meine Arbeiten in einem Internet-Journal namensPhilica zu publizieren.

Auf Seite 201 lesen wir, dass vielen Physikern Mayers Gedanken lange Zeit unverstanden blieben, und so möchte ich sein Leben fast mit den Worten umschreiben: »Die Angst vieler Physiker vor der Energieerhaltung«. Die Physiker-Gemeinde hat seine Ergebnisse weithin ignoriert. Schließlich hat Robert Mayer anno 1850 einen physischen und psychischen Zusammenbruch erlitten und musstein einer Nervenheilanstalt genesen. Gebrochen war der Bann erst, als ein Mächtiger namens Christian Friedrich Schönbein ihm zu Anerkennung verhalf – und dann liest man auch nichts mehr von gesundheitlichen Problemen –, zumindest nicht in dem naturwissenschaftsgeschichtlichen Buch von Fritz Krafft.

Der Energieerhaltungssatz wird heute oftmals als erster Hauptsatz der Thermodynamik be­zeich­net. Aber auch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, den Sadi Carnot entwickelt hat, hat die Physiker-Gemeinde nicht einfach aufgenommen. Wir lesen auf Seite 215 bei Krafft: »Thomson (der als Lord Kelvin berühmt war) vermochte zunächst nicht, den richtigen Teil in Carnots Überlegungen vom falschen Teil zu trennen, der dem Energieerhaltungsprinzip widersprach. Später prägte Clausius dann den Begriff der Entropie und verhalf den Überlegungen des Sadi Carnot damit zum besseren Verständnis durch die Allgemeinheit.«

Beispiele, und noch mehr Beispiele
James Clerk Maxwell, der berühmte Erfinder der ebenso weltberühmten Maxwell-Gleichungen (Seite 217/218), zog sich aus gesundheitlichen Gründen auf sein Landgut zurück, um dort die Grundfesten der Elektrodynamik zu entwickeln. Erst als er damit fertig war, konnte er an die Universität zurückkehren, wo er 1871 einen Lehrstuhl in Cambridge annahm.

Was lernen wir daraus? Dass nicht immer eine Universität nötig ist, um hoch wissenschaftlich arbeiten zu können. Die vier Grundgleichungen, die Maxwell entwickelt hat, basieren übrigens auf einem Ätherbild, welches im Gegensatz zu den Maxwell-Gleichungen heute als absolut verpönt gilt.

Wilhelm Roux (Seite 232) war der Entdecker der Entwicklungsphysiologie (u.a. Entwicklung von Embryonen) in der Biologie/Medizin. Auch er hatte das Problem, dass seine Publikationen anfangs wenig beachtet worden waren und seine Arbeitsmethoden ebenso wie seine Forschungsergebnisse auf heftige und polemisch vorgetragene Kritik stießen. Nun – wir haben uns inzwischen an einderartiges Verhalten der Fachwelt hinlänglich gewöhnt, dass wir es an dieser Stelle nicht weiter zu vertiefen brauchen.

Ich hoffe, dass ich niemanden langweile, wenn ich weitere Beispiele nenne, wie etwa das des Savante Arrhenius, der in Stockholm massiv abgelehnt wurde. Er hatte an seiner Heimat­universität ein zumeist ablehnendes Urteil bekommen, so dass er seine Dissertation anno 1884 zu Friedrich Wilhelm Ostwald nach Riga schickte, der die Bedeutung dieser Arbeit erkannte. Es ging um die Entdeckung der Grundfesten der Elektrolyse: Ein Zerfall von Molekülen im Lösungsmittel Wasser, wobei sich Ionen bilden sollten – wie kann man nur so einen Quatsch fordern: Ionen?   (Ich bitte um Nachsicht, dass ich an dieser Stelle polemisch wurde.)

Von Heinrich Rudolf Hertz, der nicht nur den Hertzschen Dipolstrahler ersann, erfahren wir ab Seite 243. Zu seiner Zeit gab es zwei konkurrierende Sichtweisen der Elektrodynamik, von der die eine von einer instantanen unmittelbaren Fernwirkung der elektromagnetischen Kräfte ausging (also von einer unendlich großen Propagationsgeschwindigkeit) und die andere von einer Ausbreitung der elektromagnetischen Kräfte mit einer endlichen Geschwindigkeit, namentlich mit Lichtgeschwindigkeit. Letzteres Modell, das von Faraday und Maxwell ausgearbeitet wurde, ist das heute gültige.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass die heute gültige Sichtweise meinen theoretischen Überlegungen zur Raumenergie-Konversion zugrunde liegt, die ich mit dem Namen »FPGW-Theorie« bezeichne, die »Finite Propagationsgeschwindigkeit der Wechsel­wirkungs­felder«. Diese Sichtweise gilt heute als allgemein bestätigt, und deshalb verwende auch ich sie, auch wenn mir einst ein Gutachter einer Fachzeitschrift die Ablehnung meines Artikels mit der Richtigkeit der heute allgemein als falsch anerkannten Sichtweise begründet hat. Heinrich Hertz war es auf jedenFall, der die heute als richtig anerkannte Sichtweise von der britischen Insel nach Deutschland importierte – und auf den Hertzschen Dipolstrahler beziehe ich mich auch mehrfach in meinen Arbeiten.

Bis hin zu Max Planck
Auch Max Planck, der heute als einer der großen Urväter aller Quantentheorien gilt und der der Namensgeber der Max-Planck-Gesellschaft und des Max Planck Institute ist, zeigt mit seinem Lebenslauf einige der Probleme der modernen Naturwissenschaften auf. Als Wunderkind im Alter von 16 Jahren das Abitur abgelegt, ging er zum Physikprofessor, um (wie damals üblich) vor Studienbeginn vorzusprechen. Der Physikprofessor war Phillip von Jolly, nach dem das Jollysche Thermometer benannt ist, und er erklärte Max Planck, dass auf dem Gebiet der Physik nicht mehr viel Neues zu entdecken sei und dass es höchstens noch ein paar kleinere Lücken zu füllen gebe, denn die Physik sei eine abgeschlossene Wissenschaft. Max Planck machte sich trotzdem an die Arbeit, studierte Physik und revolutionierte schließlich das gesamte Fach. Also muss es wohl doch noch etwas Neues zu entdecken gegeben haben.

Seine Doktorarbeit machte Max Planck zu dem bereits erwähnten zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (Seite 246) und stellte im Nachhinein selbst fest, dass wohl kaum einer der Physiker sie je gelesen habe und dass der berühmte Gustav Kirchhoff sie explizit abgelehnt habe. Noch während des Rigorosums, also inmitten der Doktorprüfung, erklärte der große Chemiker Adolf von Baeyer, dass er diese Theoretische Physik für ein völlig überflüssiges Fach halte. So bekam Max Planck in München nur eine Privatdozentur und musste nach Berlin wechseln, auf einen vollwertigen Lehrstuhl als Professor. Immerhin erlaubte man ihm, seine Arbeit weiter zu entwickeln, und man gab ihm die Arbeits­möglichkeiten, die schließlich dazu führten, die Quantentheorie mit zu begründen.

Und so zitiere ich immer wieder gerne seine Weisheit aus [3]:
»Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass ihre Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.«
Er hat diese Probleme seiner naturwissenschaftlichen Kollegen zur Genüge am eigenen Leib erfahren dürfen – und der vorliegende Artikel möge allen Leserinnen und Lesern helfen, dies anhandder Vielzahl der gezeigten Beispiele zu erkennen. Das Buch, aus dem diese Beispiele stammen, trägt den Titel Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt, und man mag aus der Vielzahl der Schwierigkeiten erkennen, wie viele der wichtigsten Naturwissenschaftler derartige Schwierigkeiten bekamen, man mag aber auch die Art der Schwierigkeiten einschätzen lernen:

Es ist dies wohl ein Jahrtausende währender uralter Streit der Weltbilder, welches Veränderungen nur äußerst zögerlich und widerwillig annimmt. Die Trägheit der menschlichen Köpfe ist so groß, dass sie wohl nur durch den Tod überwunden werden kann. Max Planck drückt dies explizit aus, und die im ersten Teil dieser Publikation genannten Beispiele der Wikinger auf Grönland und der Polynesier auf Rapa Nui, der Osterinsel, bestätigen dies auf drastische Art und Weise. Das Sterben ist leichter als das Verändern des Weltbildes. Und wenn die Mehrheit nicht bereit ist, das Weltbild zu korrigieren, dann ist es immer noch leichter, den Veränderer sterben zu lassen (in der Antike) oder zu ignorieren bzw. auszugrenzen (in unserer Zeit). Wollen wir aber als Menschheit überleben, dann werden wir es leisten müssen, diese Beschränkung kurzfristig zu überwinden, nicht erst im Laufe von Generationen.


Den Vortrag »Die Angst vieler Physiker vor der Raumenergie, eine wissenschafts-soziologische Betrachtung« finden Sie hier:    Teil 1 /  Teil 2 /  Teil 3 und Abschluß



Referenzen:
[0] Krafft, Fritz, Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt,marixverlag,       2. Auflage 2012, ISBN: 978-3-86539-911-3.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Sokrates
[2] Simonyi, Károly, Kulturgeschichte der Physik, Verlag Harri Deutsch, 3. Auflage 2001, ISBN: 3-8171-1651-9.
[3] Planck, Max, Wissenschaftliche Selbstbiographie, Johann Ambrosius Barth Verlag, Leipzig 1948, S. 22










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